Öffentliche Erklärung der Betreiber*innen der Reil 78 zur Bedrohung des Projektes durch CDU und AfD
Halle, Reilstraße 78, den 29. August 2024
In der vergangenen Woche wurde durch einen MZ-Artikel öffentlich, dass die CDU im Stadtrat von Halle den Verkauf der Reil 78 an die Betreiber*innen stoppen will und dass dies das Ende des Projektes bedeuten würde.
Siehe: https://www.mz.de/lokal/halle-saale/reil-78-hausprojekt-verkauf-stadtrat-sanierungsbedarf-3902582 (vom 21.08.2024)
Und: https://www.mz.de/lokal/halle-saale/stadt-halle-reil-78-verkauf-hausprojekt-neuer-besitzer-3862369 (vom 13.06.2024)
Wir als Betreiber*innen möchten uns dazu wie folgt äußern:
Wir widersprechen vehement der politisch motivierten Darstellung der CDU, dass der Verkaufspreis des Grundstück zu niedrig und unter Wert sei.
- Wir vertrauen auf die Expertise des zugrunde gelegten Verkehrswertgutachtens, in u.a. das auch verschiedene wertmindernde Faktoren, wie die Lage zwischen Bahntrasse und der vielbefahrenen Paracelsusstraße, einbezogen wurden.
- Nach dem Kauf hat die Reil 78 zehn Jahre Zeit, das Haus zu sanieren und muss dafür zusätzlich voraussichtlich einen finanziellen Betrag im unteren siebenstelligen Bereich stemmen.
- In den mehr als 20 Jahren der Nutzung wurden von uns als Betreiber*innen Instandhaltungsmaßnahmen mit nicht unerheblichen Eigenmitteln geleistet, um die Reil 78 im Rahmen unserer Möglichkeiten zu sichern und zu erhalten.
- Grundsätzlich lässt sich aber der Wert der Reil 78 für das kulturelle, politische und soziale Leben in Halle nicht mit marktwirtschaftlichen Kategorien fassen. Ebenso entzieht er sich einer neoliberalen Logik, welche anstelle eines Projektes an der Stelle lieber ein Parkhaus oder ein Spekulantengrundstück sieht.
Wir widersprechen ebenso der vorurteilsgeleiteten Unterstellung der CDU, dass das Objekt verfallen würde, sollte es in den Besitz der Reil 78 übergehen.
- Wir als Betreiber*innen betonen, dass wir keinerlei Interesse am Verfall der Reil 78 haben.
- Wir haben im Rahmen unserer Möglichkeiten und gemeinsam mit zahlreichen Unterstützer*innen, mit viel freiwilligem Engagement und in ehrenamtlicher Eigenleistung, das Objekt über 20 Jahre vor dem Verfall bewahrt.
- Seit vielen Jahren bemühen wir uns um eine langfristige Perspektive für Gelände, Gebäude und Projekt und die dafür notwendige Planungssicherheit. Wir benötigen diese Planungssicherheit, um u.a. mit Bank- und Direktkrediten und Fördermitteln die notwendigen Sanierungsarbeiten umzusetzen.
- Wir sind seit mehr als fünf Jahren im Gespräch mit den zuständigen Ämtern und haben Gutachter*innen und Architekt*innen beauftragt, um die Sanierungsarbeiten umfänglich zu planen.
Wir kritisieren die CDU Halle für den Zeitpunkt ihres Antrags. Es ist alarmierend, dass sie gemeinsam mit der rechtsextremen AfD versucht, eine demokratische Entscheidung des Stadtrates schnellstmöglich zu revidieren.
- Teilen der CDU ist die Reil 78 seit Beginn ihres Bestehens ein Dorn im Auge. Bis zu diesem Zeitpunkt konnte sie jedoch weder sachliche Gründe noch eine demokratische Mehrheit im Stadtrat finden, um dem Projekt die Unterstützung der Stadt Halle zu entziehen.
- Die AfD sucht seit ihrer Wahl in den halleschen Stadtrat stetig nach Gründen, um die Reil 78 zu diskreditieren und anzugreifen.
- Nach der Wahl im Juni nutzt die CDU nun die neuen politischen Mehrheiten im Stadtrat, um gemeinsam mit den Antidemokrat*innen der „gesichert rechtsextremistischen“ AfD ein unliebsames Projekt zu beseitigen.
- Zur AfD Sachsen-Anhalt: https://www.mz.de/panorama/afd-sachsen-anhalt-gesichert-rechtsextremistisch-3725011
Die Reil 78 ist seit mehr als 20 Jahren ein selbstverwalteter Anlaufpunkt für Subkultur und Politik und bietet die Möglichkeit, Freizeitangebote kostenfrei oder gegen geringe Beträge wahrzunehmen. Sie ist insbesondere für Jugendliche aus Halle und dem ganzen südlichen Sachsen-Anhalt zum niedrigschwelligen Anlauf- und Treffpunkt geworden. Wir gestehen zu, dass die weithin sichtbaren Graffiti, das musikalische Angebot oder das antifaschistische Engagement der Reil78 nicht den Geschmack eines oder einer jeden treffen. Demokratie bedeutet jedoch, dass Politiker*innen nicht den eigenen Geschmack zum Maßstand dafür machen, was existieren darf und was nicht. Der Stopp des Verkaufs wäre nur der erste Schritt, um linke, subkulturelle und antifaschistische Projekte zu beseitigen und liefert einen Vorgeschmack auf den allgemeinen kulturpolitischen Kahlschlag, den die AfD in den nächsten Jahren anstrebt. Die CDU sollte sich nicht als deren Steigbügelhalter hergeben.
Die Reil 78 ist nur der Anfang. Als selbstverwalteter subkultureller und antifaschistischer Treffpunkt muss die Reil 78 jedoch gerade in Zeiten eines deutlichen Rechtsrucks erhalten bleiben. Es ist nur ein Projekt, aber es betrifft viele!
Daher bitten wir an dieser Stelle auch um Solidarität und Unterstützung
- Teilt unser Problem. Äußert euch öffentlich oder sprecht mit Freund*innen, Kolleg*innen, Familie und allen Interessierten, die euch einfallen, lokal ebenso wie überregional. Macht deutlich, dass mehr als nur ein Projekt bedroht ist.
- Unterstützt uns mit Direktkrediten: Wenn ihr es euch leisten könnt und der Kauf und Erhalt der Reil 78 es euch wert sind, könnt ihr euer Geld ab einem Betrag von 1.000 Euro bei uns anlegen. Nähere Informationen gibt es unter: https://reil78.de/die-haeuser-denen-die-sie-nutzen/
- Unterstützt uns je nach Geldbeutel mit Spenden. Konto: KubultubuRebell e.V., IBAN: DE34800537620389305825, BIC: NOLADE21HAL, Verwendungszweck: Spende
- Paypal: https://www.paypal.com/donate?hosted_button_id=5SWUXGN6BSKEC
Wir hoffen weiterhin auf eine langfristige Perspektive, die uns eine Fortsetzung und Weiterentwicklung unserer bisherigen Arbeit ermöglicht.
- Wir fordern die CDU hiermit auf, ihren Antrag zurückzuziehen, der nur den Verfassungsfeind*innen der AfD in die Hände spielt.
- Wir bitten alle demokratisch gesinnten Abgeordneten, diesen Antrag abzulehnen.
Mit freundlichen Grüßen aus der Reilstraße 78
Kontakt: reil78@yahoo.de
Website: www.reil78.de
Weitere Infos folgen.